Auf der Suche nach den Klangunterschieden von Vinyls zu anderen Medien müssen wir uns zunächst das Aufnahme- und Abspielsystem der Schallplatte näher anschauen…
Fehlerquellen beim Abspielen
Antriebssysteme
Er dreht und dreht und dreht und macht dies eigentlich perfekt – der Antrieb des Plattentellers. Wenn da nur nicht Gleichlaufschwankungen (englisch „wow“ oder „flutter“) wären. Ab einer gewissen Stärke (ca. 0.3%) können sich diese akustisch bemerkbar machen und dann klingt’s gar grauenhaft. Zumindest moderne Motoren und Antriebssystems sind jedoch so stabil, dass man sich darum selten Sorgen machen muss.
Nadeln und Tonabnehmer
Abspielnadeln sind mit ihren sphärischen oder elliptischen Formen deutlich runder als die Aufzeichnungsköpfe um den Materialverschleiß bei der Wiedergabe möglichst gering halten. Doch leider erzeugen runde Tonköpfe in eckigen Rillen konstante Verzerrungen … Stell dir am besten ein Kugelschreiber vor, der mit kugelförmiger Spitzen der Spur eines Kalligrafen folgen will – es funktioniert nur bedingt.
Tangentiale Spurwinkelfehler
Aufzeichnung und Wiedergabe unterscheiden sich ebenfalls durch die Positionen der Tonköpfe. Während die Lackschneidemaschine ihren Stichel aus einer mittigen Position von außen nach innen bewegt, ist der Tonarm des Players aus technischen Gründen leicht schräg angebracht und steht damit in einem Fehlwinkel zur ursprünglichen Rille. Nur aufwendige Player wie der Dual CST 100 mit tangentialem Abtastkopf und elektronischer Nachführung vermeiden die sonst entstehenden Verzerrungen .
Karuselleffekt
Nach geltender DIN IEC 98 drehen sich Plattenteller mit einer konstanten Geschwindigkeit und sorgen so für eine abnehmende Abtastgeschwindigkeit von ca. 51 cm/s auf knapp 21 cm/s vom äußeren zum inneren Rand der Scheibe. Dies, und der zunehmende Krümmungsradius, führen zum Anstieg der modulierten Wellenlänge. Bei hohen Wellenlängen kann diese kürzer als der Abtastkopf werden, und die Rille wird nur noch unzureichend ausgelesen.
Hardware
Nicht zu unterschlagen ist natürlich auch die bei der Wiedergabe verwendete Hardware. Die Technik und Qualität des Plattenspielers sowie der Tonkopf mit seiner Abtastnadel und kommenden Verschleißerscheinungen lassen eine Vinyl auf jedem Gerät anders erklingen.
Fehler bei der Aufnahme und Vervielfältigung
Schneidekennlinie
Die „RIAA equalization“ besteht aus einer preEmphasis bei der Aufnahme und eine deEmphasis bei der Wiedergabe. Das heißt, beim Bespielen werden die Bässe abgesenkt und die Höhen angehoben und beim Abspielen entsprechend entgegengesetzt, so dass zumindest in der Theorie die Veränderung gleich Null ist.
Diese Verzerrung ist nötig, damit der Schneidekopf bei lauten Basssignalen nicht aus der Rille springt und die ohnehin schon schlecht aufgezeichneten Höhen besser aufgenommen werden. In diesem Fall ein notwendiges Übel, für das man die resultierenden Verzerrungen und Phasenverschiebungen in Kauf nehmen muss.
Rückfederungen
Wird der Schallplattenmaster per Lacküberspielung hergestellt, entsteht ein Phänomen wie beim Sandburgen bauen: der anfangs noch leicht feuchte Sand ergibt eine wunderbar glatte Mauer, beginnt beim Trocknen jedoch hier und da zu bröckeln.
Da Polyvinylchlorid empfindlich auf die beim Schreibvorgang freigesetzte Wärme reagiert, kommt es beim Erkalten zu unerwünschten Verformungen der Rillen. Auch die anschließenden Galvanisierungen (Vater-Mutter-Stamper) wirken sich ungünstig auf die Originaltreue der Grooves aus. Als hörbares Ergebnis resultieren Höhenverluste, vergrößerte Räumlichkeit und ein Rumpeln im Bassbereich.
Künstliche Klangveränderungen
Die Klangunterschiede einer Vinyl zur Audio CD lassen sich technisch auf zwei Bereiche zurückführen:
1. Allgemeine, unvermeidbare Fehlerquellen während dem Produktionsprozess sowie erneut bei der Wiedergabe
2. Die Qualität und der Verschleiß der verwendeten Schallplattenspieler
Daneben gibt es jedoch noch einen weiteren und sehr simplen Grund: Viele Produktionen werden unterschiedlich für digitale Medien und Vinyl gemastert und oft landet die klanglich bessere (da weniger komprimierte) Version auf Vinyl. Geht es hingegen darum den „Originalsound“ aus dem Tonstudio einzufangen, ist die CD die bessere Wahl.