Für einen Mastering Engineer ist jeder Song wie ein kleines Kind: Man möchte es wohlbehütet, gut erzogen und nur mit den besten Eigenschaften hinaus in die große weite Welt schicken. Leider kollidiert dieses Ideal in der Regel mit den realen Anforderungen und Wünschen der Kunden und Käufer.
Ein durchschnittliches, professionelles Studio arbeitet unter Zeitdruck, muss bei teils mäßiger Bezahlung ein Top Produkt abgeben, das dem aktuellen Trend entspricht und trotz enormer Lautheit noch anhörbar ist. Zudem wird Musik immer seltener bewusst, als viel mehr nebenbei auf qualitativ fraglichen Abhören konsumiert und setzt damit ganz andere Ansprüche. In anderen Worten: Selbstverwirklichung und große Kunst weichen Kompromissen und mittelmäßigen Ergebnissen.
Kampf gegen Windmühlen
Die bisherigen Bemühungen namhafter Studios und Engineers, gegen schlechten Sound und vor allem den Loudness War anzukämpfen, verpufften erfolglos. Wer es dem Kunden nicht recht macht, darf sich nach neuen Auftraggebern umschauen, denn immer gibt es einen, der seinen Namen und sein Gewissen für weniger Geld und mehr Lautheit verkauft.
Selbst Jazz- und Klassikkünstler greifen durch den allgemeinen Druck nicht immer zur klanglich besseren, sondern oft lauteren Version. Am Anfang ist es nur ein bisschen Kompressor auf Mozarts Violinkonzert, ein paar Jahre später folgen Dampfhammer wie Limiter und Maximizer.
Fazit
Mastering als Königsdisziplin und letzte Bastion gegen schlechten Sound hat schon lange die weiße Flagge gehisst und den Kompromissen die Seiteneingänge geöffnet. Dennoch sollten wir nicht aufgeben und jede Chance nutzen, gerade bei eigenen Produktionen die sich keinerlei externen Zwängen unterwerfen müssen. Riskiere lieber mehr Luftigkeit und Dynamik anstelle hoher Lautheit und gehe lieber den Schritt zurück zum Mixdown oder gar zum Recording, als eine Notlösung im Mastering. Ein paar Beispiele zur Inspiration wie etwas klingen kann und sollte, liefert zum Beispiel Mastering Engineer Bob Katz’s in der „Honor Roll“.