Kriegsende

Sollte der Loudness War jemals enden, dann nicht aufgrund weltweiter Proteste erboster Konsumenten, dem Drängen der Mastering Studios oder gar der Einsicht von Künstlern und Plattenfirmen. Viel mehr wird die Rettung durch eine kleine, aber gravierende technische Veränderung beim Rundfunk und Streaming gelungen sein. Denn wer sich nicht an deren Vorgaben hält, wird zurechtgestutzt und erleidet unter Umständen klangliche Einbußen.

Klangretter Radio

War es bis ins Jahr 2012 üblichen den Ton stur nach Spitzenpegeln, zum Beispiel +6 dBU oder –9 dBFS auszusteuern, ist für viele Radiosender mittlerweile die integrierte Lautheit das Maß aller Dinge. Weichen Beträge im Mittel um ± 1.0 LU von einem definierten Richtwert ab, erfolgt eine automatische Korrektur: lautes wird leiser und leises lauter, wobei die eigentliche Programmdynamik möglichst erhalten bleibt. Dies sorgt für einen kontinuierlicher Lautheitsfluss, ohne dass Konsumenten panisch zum Regler hechten, nur weil Werbung oder einzelne Songs mit der vielfachen Lautheit aus den Boxen schallen.

Neben den Vorteilen für die Hörer ergeben sich bei gleichbleibender Lautheit auch positive Aspekte für den internen Betrieb. So können sich Moderatoren auf ihre eigentliche Arbeit konzentrieren anstatt den Pegel für jedes Musikstück nachzuregeln und das Klangbild bleibt überwiegend originalgetreu, da die Sendelimiter nur selten eingreifen.

Für die Messung nutzen die meisten Sender die Grundlagen aus der R128, eine Empfehlung der EBU, wobei die Zielwerte deutlich über den vorgeschlagenen -23 LU liegen. Je nach Station schwankt die Lautheit zwischen grob -19 und -10 LU, bei den Spitzenpegel liegt der Bereich zwischen -3 und sogar +1.5 dB TruePeak. Letzter ist eigentlich ein technischer Fehler.

SenderMesswerteEffektive Lautheit PLR
SWR 1-16.1 LU bei max. – 2.8 dBTPca. -13.3 LU
Das DING-17.0 LU bei max. – 2.0 dBTP ca. -15.0 LU
WDR 2-13.6 LU bei max. -3.2 dBTPca. -10.3 LU
Die Neue 107.7-10.7 LU bei max. +1.4 dBTPca. -9.3 LU
Antenne 1-12.9 LU bei max. -1.6 dBTPca. -11.3 LU
Sunshine Live-13.1 LU bei max. -2.7 dBTPca. -10.4 LU
RPR1-16.8 LU bei max. -1.8 dBTPca. -14.8 LU
Integrierte Lautheit (30 min) von Radiostreams (eigene, nicht unbedingt repräsentative Messung)

Spotify, YouTube, Apple Music & Co

Nur wenig später sind auch Streaming Anbieter auf der Loudness-Zug aufgesprungen. Wer heute die Spotify-App öffnet, dem schallen im Schnitt -14 LU entgegen, der maximale Pegel beträgt -1 dB TruePeak. Ein nahezu identisches Bild bieten die anderen Mitbewerbern: Ob Apple Music, YouTube, Tidal oder Deezer – Musik gibt es auch hier nur noch normalisiert.

Loudness Normalizing
Spotify: Jeder Song liegt bei -14 LU und maximal -1 dBTP

Aussichten

Zum aktuellen Zeitpunkt scheinen -14 LU(I) die angesagte Lautheit zu sein. Wer sich beim Mastering diesem Zielwert nähert, erlebt beim Upload keine bösen Überraschung und wird hoffentlich unverändert Wiedergegeben. Über das genaue Processing hüllen sich die Anbieter leider in Schweigen.

Für die Vervielfältigung auf CD und Schallplatte wäre eine ähnliches Konzept natürlich ebenfalls wünschenswert, doch gibt es hier nach wie vor keine künstlichen Beschränkungen. Hier wird der Loudness War vermutlich noch ein bisschen länger toben.