Alles ist richtig verkabelt, der Gain am preAmp steht knapp vor dem Maximum und dennoch schweigt das Mikrofon? Vermutlich liegt die Lösung an einem unscheinbaren Knopf mit der Aufschrift „48V“. Während Dynamische und Elektretmikrofone ohne zusätzliche Spannungsversorgung auskommen, benötigt die Elektronik im modernen Kondensator-Mikrofon eine Gleichspannung zwischen 9 und 48 Volt, ansonsten bleiben sie stumm.
Strom = Gefahr?
Strom über Audiokabel in ein Mikrofon zu jagen klingt nach einer gefährlichen Sache und niemand möchte während dem Aufbau oder beim Singen von Elektroschocks gequält werden. Doch zum Glück liegt der maximale Stromfluss nach DIN EN 61938 bei gerade einmal 10 mA und ist für den Menschen bei normalem Gebrauch ungefährlich. Auch dynamische Mikrofone oder Bändchen müssen sich nicht vor einer Beschädigung fürchten, wie bei „echten“ Phantomen, wird die Spannung schlicht ignoriert.
Wie funktioniert’s?
Bei der Phantomspeisung fließt der notwendige Strom über den 2. und 3. Pin des XLR-Steckers und somit über die Signaladern in das Mikrofon, die Schirmung auf der ersten Ader dient als Erde. Da beide Tonleitungen dieselbe Spannung führen, werden gefährlichen Potenzialdifferenzen, die andere Mikrofone beschädigen könnten, ausgeschlossen. Lediglich Line Eingänge von Soundkarten und Verstärken missbilligen die zusätzliche Spannung und können sich in Rauch auflösen. Phantom auf Line – das lass sein!
Phantomspeisung – woher nehmen?
Der einfachste Weg führt über das Mischpult oder den Mikrofonvorverstäker. Hier finden wir den „48V“ oder ähnlich beschrifteten Knopf, der die Phantom Power separat für jeden Kanal, oder global für alle Eingänge steuert. An einem Audiointerface beziehungsweise digitalem Mixer kann die Steuerung auch direkt in der zugehörigen Software erfolgen.
Besitzt ein Pult keine Phantomspeisung, helfen uns Speiseadapter wie ein Behringer PS400 oder AKG B18, die schlicht in den Signalweg gesteckt werden. Durch ihre Batterieversorgung eignen sie sich ebenfalls für den EB-Bereich, um unabhängig vom Location Mixer eine stabile Versorgung zu garantieren.
Anwendung
- Drehe (am Interface / PreAmp) zunächst den Input Gain auf minimale Verstärkung, um mögliche Schäden an der Hardware oder deinem Gehör durch einen lauten „Einschaltplopp“ zu vermeiden.
- Verbinde nun das Mikrofon mit einem XLR Kabel direkt mit dem Input, es dürfen keine anderen Geräte im Signalweg dazwischen geschaltet sein. Besitzt das Mikrofon einen anderen Anschluss, etwa eine 6,3 mm Klinke, wird dieses vermutlich keine Phantomspeisung benötigen oder vertragen.
- Nun kann die Phantomspeisung aktiviert und der Gain langsam aufgedreht werden
Ist die Aufnahme im Kasten oder wird das Mikrofon gewechselt, nicht einfach abstecken, sondern den obigen Weg am besten rückwärts übernehmen: Gain runter, 48V aus, Kabel weg. Fertig.
DI-Boxen
Verwendest du aktive DI-Boxen, lassen sie sich an Stelle eines 9 Volt Blocks eventuell auch per Phantomspeisung betreiben. Manche Modelle wie die Radial SB Serie werden vom Hersteller grundlegend ohne Batterieoption oder externem Netzteil geliefert. Beachte, dass niemals die Phantom Power bei eingelegter Batterie oder angestecktem Netzteil aktiviert ist.
Klangentscheidend
Obwohl sich ein „Strom zur Betriebsversorgung“ recht langweilig anhört, ist Phantom Power durchaus eine essenzielle Komponente für guten Klang. Ist die Versorgung mangelhaft oder stark schwankend, leidet die Qualität. Traust du der internen Spannungsquelle des Pultes nicht über den Weg, greife zu hochwertigen externen Speiseadaptern. Bereits für 30-50 Euro gibt es hierfür vernünftige Lösungen.
Zusammenfassung
Auch wenn theoretisch keine Gefahr droht, gehört Phantom Power nur aktiviert, wenn sie tatsächlich benötigt wird. Es ist nie auszuschließen, dass ein defektes Kabel oder Bauteil den Strom auf ungewollte Wege „umleitet“ und so Schäden verursacht.
Typ | +48V | Beschädigung |
Kondensatormikrofone | Ja | Nein |
Dynamisches Mikrofon | Nein | Nein |
Röhrenmikrofone | Nein | Unwahrscheinlich |
Bändchenmikrofone | Nein | Eventuell |
Aktive DI-Box | eventuell | bei falscher Handhabung |
Tonaderspeisung 12V
Neben der Phantom-Power mit 48V existiert an älteren Mischpulten und vor allem an Geräten aus dem professionellen EB-Bereich (z.B. Nagra, Sound Devices, …) teilweise die Möglichkeit zur Tonaderspeisung mit 12V. Diese zu modernen Mikrofonen nicht kompatible Stromversorgung fördert sowohl Dynamische als auch hierfür ungeeignete Kondensatoren zuverlässig ins Jenseits. Eine genaue Kontrolle der Schalterstellung auf „T12“ oder „P48“ und den Bedarf des Mikrofons vor dem Anschluss ist daher äußerst empfehlenswert. Möchtest du dein vorhandenes T12-Mikrofon hingegen per Phantomspeisung betreiben, gibt es hierfür geeignete Wandler.
Links
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