Latenzen im Wandler und Interface

Obwohl Elektronen mit gemütlichen 0,1 Millimeter pro Sekunde durch unsere Kabel wandern, existieren innerhalb analoger Systeme keine merklichen Verzögerungen. Ein Signal vom Mikrofon, über 100 Meter Kabel in die Regie, durch den Vorverstärker, über das Mischpult und ein paar Effektgeräte ertönt augenblicklich aus den Lautsprechern. Erst wenn wir es um die halbe Welt senden offenbart sich ein leichter Zeitversatz von wenigen Millisekunden.

Dieser Sachverhalt gilt ebenfalls für digitale Signale, die sich prinzipiell in der gleichen Art und mit gleicher Geschwindigkeit bewegen. Werden sie jedoch konvertiert, aufgefrischt oder bearbeitet, addieren sich ungewollte aber unvermeidbare Latenzen, die sich unter Umständen auf kritische Werte summieren.

Ein einfaches und weit verbreitetes Beispiel für diese Problematik sind Softwareinstrumente. Ist die Soundkarte zu langsam und wir drücken eine Taste am Midi-Keyboard, vergeht eine merkliche Zeit bis der Sound schließlich aus den Boxen kommt. Ist sie zu lang, fällt es uns schwer die motorischen Fingerbewegung mit der verspäteten akustischen Rückmeldung zu synchronisieren und macht eine Aufnahme unmöglich.

Latenz im Wandler

Die erste, wenn auch vernachlässigbare Latenz entsteht bei der Wandlung der analogen Informationen in diskrete Digitalwerte. Leistungsfähige A/D Wandler benötigen dafür lediglich wenige Samples und somit je nach Abtastrate zwischen 0,03 und und 0,3 Millisekunden.

„The minimum latency the human ear can detect is about 11ms. It would take between 10 and 20 stages of A/D and D/A before we percieved latency in a signal“. – Focusrite

Gleiches gilt für die Rekonstruktion am D/A Wandler, so dass eine komplette Wandlungskette im Idealfall unter einer Millisekunde benötigt und damit weit außerhalb des merklichen Bereichs liegt. Livepulte wie ein Behringer X32 oder Yamaha QL schaffen selbiges inklusive digitaler Effekte unter 3 Millisekunden.

Latenz am Interface

Deutlich höhere Latenzen entstehen im Audio Interfaces. Ist das Signal gewandelt, wird es für den Weitertransport per USB, Firewire oder PCIe Schnittstelle in einem Zwischenspeicher (Buffer) kurzzeitig gelagert und gelangt erst weiter, wenn dieser komplett gefüllt ist. Mit wenigen hundert Mikrosekunden ist diese Zeitspanne zwar sehr gering, aber dennoch vorhanden.

Direkt danach bestimmt der Treiber (z.B. ASIO) mit ebenfalls vorhandenem Buffer über das weitere Schicksal. Je nach gewählter Größe und Samplingfrequenz verzögert sich die Ankunft im Sequenzer um typische 64-128 Samples oder 1-4 ms, bei schlecht programmierten Treibern und günstiger Hardware können auch zweistellige Latenzwerte entstehen.

Damit das Audiosignal anschließend auch aus den Lautsprechern erschallt, müssen wir den kompletten Prozess in umgekehrter Reihenfolge zurück gehen. Auch hier addieren sich die Latenzen von Treiber, Schnittstelle und Wandlung, so dass ein kompletter Durchlauf von In- zu Output zwischen 2-4 Millisekunden bei Profisystemen und 10-20 ms bei schlecht optimierten Onboard Soundkarten benötigt.

Latenz Am Interace Input Output Roundtrip
Je nach System benötigt ein Signal vom Input bis zum Output mehrere Millisekunden

Fazit

Latenzen und digitale Signale sind im Audiobereich untrennbar miteinander vereint, lassen sich jedoch durch entsprechende Hardware, die richtigen Schnittstellen und optimierte Treibern auf unmerkliche Bereiche reduzieren. Welche Optimierungsmöglichkeiten es alles gibt, erfährst du im zweiten Teil dieses Artikels.