Lange Zeit wurden geheime Traditionen und Regeln der Tonwelt nur mündlich von Generation zu Generation am Sterbebett der alten Meister weitergegeben … nun gibt es sie endlich in einer nahezu kompletten, schriftlichen Fassung.
§1 Hardware
- Es darf nur Equipment verwendet werden, das
- vor 1980 produziert wurde und/oder
- nur zu unglaublich teuren Preisen gebraucht erhältlich ist
- Ausnahmen werden nur geduldet, wenn
- Legendäre Tontechniker das Gerät noch im Sterbebett heiligsprechen
- Fachzeitschriften es in den Himmel loben
- Ein allgemein anerkannter Markenname wie SSL, SPL oder XXL darauf angebracht ist
- Absolut verboten sind
- Geräte von der Marke mit dem Ohr, da sie für ihre Leistung zu günstig sind und damit in Widerspruch zu gängigen Doktrin stehen
- Geräte ohne Röhre, Analogschaltung, Sättigungseffekte oder sonstige stark nostalgische Klangfärbungen (oder wenigstens Knöpfen, die so tun als ob)
§2 Software
- Software muss „amtlich“ und „studiostandard“ sein. Deshalb werden automatisch alle Produkte, die nicht Avid ProTools heißen, zur Verwendung ausgeschlossen
- Standardplugins des Sequenzers zu benutzen ist mehr als peinlich – schäm dich!
- 3rd Party Plugins solltest du dir immer in der Razor, AiR, ArCADE oder DYNAMiCs Version besorgen
- Fehlende Kompetenz kann durch eine große Softwaresammlung ausgeglichen werden
- Die Software des Kollegen klingt immer besser
- Neue Software klingt besser als bereits vorhandene auf dem Markt
- Nur wenn es gut aussieht, klingt es auch gut
§3 Rechner
- Du willst einen Mac, du brauchst einen Mac, ohne einen Mac bist du ein Niemand, ein Wicht, einfach unwürdig
- Ein Mac macht dich kreativer und attraktiver für das andere Geschlecht
- Ein Mac stürzt nie ab
- Firewire klingt besser als USB. Allerdings ist Thunderbold das einzig Göttliche
- Auch wenn du ihn nicht hören kannst, der Unterschied zwischen 32 und 64 Bit Software ist da!
§4 Klangbearbeitung
- Es dürfen nur Filterkurven verwendet werden, die auch in der grafischen Darstellung dem Auge schmeicheln
- Ein Kanal ohne Kompression ist ein böser Kanal
- Jedes Instrument benötigt mindestens einen Sättigungseffekt
- Vertraue den Presets deiner Effektgeräte, denn sie wurden von Profis erstellt. Abänderungen sind entsprechend verboten.
- Nur im Boost finden wir Trost!
§5 Produktion
- Mikrofonierung wird üblicherweise überschätzt und sollte so wenig wie möglich Zeit beanspruchen. Generell solltest du Mikrofone immer nach optischen Kriterien anbringen, um das Feng-Shui des Musikers nicht zu gefährden
- Abweichungen aus Mikrofonlehrbüchern sind Ketzerei und führen zu Missachtung durch Kollegen
- Moderne Technik erlaubt dir alle Fehler im Mix auszugleichen
- Mischen ist das wichtigste der Welt
- Fehler im Mix können auch beim Mastering ausgeglichen werden
- Mastering ist das wichtigste der Welt
- Mischungen auf Studiomonitoren dürfen nie gut klingen
§6 Akustik
- Eierkartons werden als sinnvolle Maßnahme anerkannt
- Das Einmessen und Anpassen der Abhöre an den Raum ist in jedem Fall einem Umbau mit Akustikelementen vorzuziehen
- Rauminformationen sind schädlich für Instrumente. Es wird daher empfohlen, immer trocken aufzunehmen.
- Studien bestätigen: allein die Anwesenheit teurer Akustikmodule im Studio verbessert bereits den Klang
- Deine Zweitabhöre muss eine NS10 sein
§7 Mystik
- Jeder Einsatz von schwarzer Magie, Mystik, Humbug und sonstigem Firlefanz ist durch den ägyptischen Tontechnikerkonkress von 1855 legitimiert und unbedingt erforderlich. Dies gilt insbesondere bei Kundenanwesenheit.
- Stromfilter und parallele Netzkabel sind unbedingt einzusetzen
- Im Studiogebrauch sind nur vergoldete optische Kabel gestattet
§8 Business
- Biete deine Dienstleistung immer billiger als die Konkurrenz an. Arbeite am besten aus Freundschaft umsonst.
- Deine Homepage oder Forum-Signatur sollte eine möglichst vollständige Auflistung deiner Hard- und Software liefern. Nur so kannst du wirklich beeindrucken und zeigst deine Kompetenz