Gage – Wunsch und Realität

Wir haben bereits wunderschön berechnet was uns das Leben so kostet, welche Ausgaben unser Betrieb erzeugt und welche Tages– oder Stundensätze dadurch erforderlich werden. Doch unseren Wünschen und Bedürfnissen stehen wie in jeder guten Marktwirtschaft auch eine Nachfrage und eigene Vorstellungen der Kunden gegenüber. Wenn wir viel Geld verlangen möchten, muss sich erst jemanden finden, der bereit ist dies zu zahlen.

Gage Kunde Dienstleister

Natürlich ist Sparen mit das größte Hobby von Kunden und Auftraggeber und wo ginge dies besser als beim Personal? Da es in der Ton- und Veranstaltungsbranche keine Gewerkschaften, Tarifverträge oder gar Mindestlöhne gibt, muss jeder Job neu und individuell verhandelt werden und selten geht das Gespräch allein zu unseren Gunsten aus.

Um allen Seiten eine faire Hilfestellung zu geben, haben zwei große Branchenverbände, der VPLT und die Berufsvereinigung Filmton, Vergütungsempfehlungen ausgesprochen. Damit verhält es sich jedoch wie bei der unverbindlichen Preisempfehlung von Herstellern – keiner hält sich daran und überall gibt es die Produkte deutlich günstiger. Aber werfen wir zumindest mal einen Blick darauf.

Filmton

Die Berufsvereinigung für Filmton empfiehlt ihren freischaffenden Mitgliedern :

Low Budget Produktionen

Tätigkeit20122019
Tonmeister (Selbstständig)353 Euro408 Euro
Tonmeister (Angestellt)272 Euro314 Euro
Tonassistent (Angestellt)236 Euro272 Euro
Low Budget Dreh bis maximal 10 Stunden für das Jahr 2012 und 2019

Bei größeren Budgets, hochwertigen Produktionen und in der Werbung sind die Tagesgagen entsprechend nach oben anzupassen.

Postproduktion, max. 8 Stunden, Low Budget

Selbstständige Tätigkeit20122019
Sound Editor 282 Euro325 Euro
Supervisor 353 Euro408 Euro
Mischtonmeister 366 Euro423 Euro
Geräuschemacher397 Euro458 Euro
Low Budget Postpro Gagen auf Rechnung für das Jahr 2012 und 2019

Auch hier sollten die Gagen bei entsprechenden Produktionen nach oben angepasst werden.

Zuschläge

Wird die Arbeitszeit überschritten, fallen pro angefangener Stunde 1/10 der Tagesgage plus Zuschläge an:

  • 25% für 1-2 Stunden
  • 60% ab der 3. Stunde
  • 100% ab der 4. Stunden
  • 25% für Nachtarbeiten zwischen 22-6 Uhr, sowie an Sonn- und Feiertagen

Halbtagesgagen oder Ähnliches, wenn der Drehtag einmal kürzer wird, gibt es natürlich nicht.

Livetechnik

Der Verband für Medien und Veranstaltungstechnik VPLT nennt in seiner 40. Ausgabe des Magazins folgende Vergütungssätze:

Selbstständige, max 10 Stunden

  • Ton-, Licht-, Kameraassistent und Rigger: 300 – 340 Euro
  • Tontechniker oder Lichttechniker: 350 – 420 Euro
  • Operator oder Ingenieure: 400 – 600 Euro
  • Studioleiter: 550 – 700 Euro
  • Kameramann: 400 – 600 Euro

Zuschläge für Überstunden und Nachtarbeit sollen dabei individuell ausgehandelt werden.

Realität

Die von den Verbänden vorgeschlagenen Gagen sind durchaus fair und sollten als unterstes Minimum verstanden werden, doch natürlich gibt es viele Bereiche, Agenturen und Betriebe die deutlich weniger zahlen. Tagessätze von 200 Euro für 10 und mehr Stunden sind leider immer noch Realität, da hilft auch eine hohe Reputation, jahrelange Erfahrung oder das wöchentliche Gelage mit den Disponenten nichts.

Gerade Anfänger oder Techniker in eher zahlungsschwachen Marktsegementen müssen sich oft nach dem Friss-oder-Stirb Prinzip Überwasser halten. Wie gefährlich so etwas werden kann, zeigt unter anderem eine Umfrage der IF Freie Filmschaffende, die von Tagessätzen von bis zu 80 Euro berichtet: „Am härtesten sind die Tontechniker betroffen. Nur 50 Prozent von ihnen sind überhaupt rentenversichert. Gerade mal ein Drittel der Kollegen kann sich eine Unfallversicherung leisten.“

Update 2022: Corona hat den Arbeitsmarkt komplett verändert, die Nachfrage nach Tontechnikern stark gestiegen. Selbst für einfache Aufträge kann man ohne schlechtes Gewissen einen vernünftigen Tagessatz von mindestens 400 Euro einfordern.