Spectrum Analyzer

Den „Spektrumanalysator“ kennen die meisten vermutlich aus dem Autoradio oder der Musik-App, wenn lustige Balken passend zum Rhythmus zappeln und uns mit Glück einen groben Anhaltspunkt über die Frequenzverteilung des Songs geben.

Winamp Analyzer Fft
Der gute alte Winamp mit eingebautem Analyzer

Erhöhen wir die Auflösung und machen aus den spärlichen Balken ein paar hundert bis tausend Linien, wird aus dem unterhaltsamen Schätzeisen ein wichtiges Hilfsmittel um tonale Problemstellen aufzuspüren. Passt der Bass? Wo liegt der Anschlag der Snare? Auf welcher Frequenz finde ich die Zischlaute? Der Analyzer verrät’s und wird deshalb gerne in Equalizern integriert oder steht als separates Plugin zur Verfügung.

Der Analyzer ist als Hilfsfunktion für viele Plugins mittlerweile Standard
Flux Rta Fft
Ein besonders buntes und dennoch professionelles Modell von Flux.

Ob 10, 40 oder 2048 Bereiche berechnet werden macht einen deutlich Unterschied.

Funktionsweise

Damit aus Musik grafische Elemente werden, werkelt im Hintergrund eine äußerst rechenintensive Fouriertransformation, beziehungsweise die schnellere Fast Fourier Transformation (FFT). Hierdurch werden, gleich einem Prisma das Licht in seine einzelnen Farbbestandteile zerlegt, aus komplexen Tönen einzelne Sinusschwingungen. Den genauen Vorgang überlassen wir jedoch lieber den Mathematikern …

Fft Fouriergleichung Analyzer
Eine Rechteckspannung als Fouriergleichung … ja so einfach ist es

Die Integrale der Fourier-Transformation werden mittels Summen approximiert. Um n Koeffizienten dieser Folge zu berechnen, benötigt man bei der konventionellen DFT (n * n) Operationen. Der FFT-Algorithmus benötigt nur (n* log(2n) Operationen und ist daher deutlich schneller und kann daher dank moderner Rechentechnik in quasi „Realtime“ eine Spektrumanalyse durchführen.

 Quelle: TMR-Audio

Die Qual der Wahl

Unglücklicherweise besitzt die Fast Fourier Transformation einen gravierenden Nachteil, sie kann entweder die Zeit- oder die Frequenzebene präzise Darstellen. Wir müssen uns somit zwischen einer schnellen aber spektralen ungenauen und einer langsamen dafür präzisen Analyse entscheiden.

Der hierfür verantwortliche Parameter ist die Block Size. Definiert in Samples, bestimmt er die Anzahl der Datenpunkte, die zunächst gesammelt und anschließend analysiert werden.

Für den Einsatz im Mitten- und Höhenbereich sollte die Block Size mindestens 1024 Samples betragen. Dies teilt das nutzbare Spektrum (0 bis 22.050 Hz bei 44.1kHz Abtastrate) in 512 separat zu analysierende Abschnitte zu je 43 Hz und sorgt so für eine ausreichende Genauigkeit.

In den Bässen und unteren Mitten ist ein solches Raster jedoch viel zu grob. Erst ab einer Blocksize von 4096 Samples und damit einer Auflösung von etwa 11 Hz sind die einzelnen Grundtöne differenzierbar. Die im Gegenzug zunehmende Berechnungsdauer von 96 ms und damit leicht ruckelnde und verzögernde Darstellung ist leider die dazugehörige Nebenwirkung.

Wichtige Parameter

Averaging

Sorgt der Blick auf den Analyzer für Kopfschmerzen, da die Grafik wild umher zappelt, lohnt ein Griff zum Parameter „Averaging“. Während bei Null Sekunden alle Änderungen unmittelbar ausgeben werden, sorgen höhere Werte für eine Durchschnittsberechnung über den gewählten Zeitraum. Das Ergebnis wird in der zeitlichen Auflösung etwas ungenauer, dafür deutlich ruhiger und ablesefreundlicher. Brauchbare Einstellungen liegen grob zwischen 0.2 und 3 Sekunden.

Averaging makes the analyser show mean values over a specified period of time, which makes the values „jump up and down“ less and displays a more user-friendly value, which, of course, is not so accurate in the time-domain.

Anleitung MAnalyzer, Melda
Fftp Mit Smooth
Gemütliche Analyse mit Averaging
Fft Ohne Smooth
Hektische Darstellung ohne Averaging

Smoothing

Zu viele Informationen und Details können manchmal mehr verwirren als helfen. Durch eine Glättung der Kurve verschwinden kleinste Frequenzspitzen mit oftmals wenig Aussagekraft und wir können uns auf das wesentliche Konzentrieren. Je nach Programm wird Smoothing in Prozent oder Oktaven eingestellt.

Fftp Ohne Smoothing
ohne Glättung
Fft Medium Smooth
leichte Glättung
Fftp High Smooth
übertriebene Glättung

Slope

Die meist ungleiche Energieverteilung in einem Musiksignal zu Gunsten von Bässe und Mitten, führt ohne grafische Korrektur zu einem sichtbaren Abfall im oberen Spektralbereich. Um dies zu kompensieren kann mit der Slope (Steigung) aktiv dagegen gesteuert werden. Bei einem Wert von 0 dB wird Weißes Rauschen, bei +3dB ein Rosa Rauschen perfekt horizontal abgebildet. Für eine „musikalische“ Darstellung nutzen viele Analyzer Werte zwischen 3 und 4.5 dB. Technisch korrekt wäre natürlich 0 dB.

Pink Noise Slope 0
Rosa Rauschen ohne Korrektur
Pink Noise Slope 3
Rosa Rauschen mit einer Slope von 3dB

Overlap

Läuft der Analyzer bei einer hohen Block Size nur noch stockend, bringt Overlap neuen Schwung in die Anzeige. Durch mehrere, sich überlagernde Berechnungen liegt das Ergebnis sowohl schneller als auch genauer vor – inklusive der hier notwendigen erhöhten CPU-Leistung.

Berechnungen und Abhängigkeiten

Block Size

Die Block Size (N) in Samples bestimmt die Anzahl der Datenpunkte für die Fourier-Transformation.

Frame Size

Die Frame Size oder Bocklänge (T) gibt Auskunft über die Zeitdauer bis ein einzelner Block gefüllt ist. Um einen Block mit 1024 Samples zu füllen, dauert es bei einer Abtastrate von 44.100 Hz 23,2 Millisekunden.

Spectral Lines

Die Anzahl der berechnetet Frequenz-Datenpunkte, die im Analyzer als Spektrale Linien (SL) dargestellt werden, betragen stets die Hälfte der Block Size N. Bei einer Blockgröße von 1024 Samples werden somit bis zu 512 mögliche Frequenzen im Display sichtbar.

Block Size NFrame Size TSpektrale LinienResolution
2565,8 ms128172 Hz
51211,6 ms25686 Hz
102423,2 ms51243 Hz
204846,4 ms102422 Hz
409692,9 ms204811 Hz

Software

FFT-Analyzer gehörten meist zur Grundausstattung einer DAW, entweder als eigenständige Module oder zuschaltbare Funktion innerhalb von entsprechenden Effektgeräten wie dem Equalizer. Falls nicht, oder wenn fehlende Einstellmöglichkeiten und eine wenig hübsche Darstellung die Anwendung plagen, springen natürlich gerne andere Hersteller in diese Lücke.

Zu den empfehlenswerten und zudem kostenlosen Kandidaten gehören SPAN von Voxengo und der Melda MAnalyzer. Mit einem moderaten Ressourcenbedarf, präziser Darstellung und unzähligen Einstellungsmöglichkeiten bleiben selten Wünsche offen. Ansonsten verstecken sich Frequenz-Analyser natürlich auch in Metering-Bundles wie dem Pinugin, FLUX:: Analyzer Essentials oder Insight. Die hohen Anschaffungskosten lohnen jedoch erst, wenn man den kompletten Funktionsumfang regelmäßig ausnutzt.

Wer eine Übersicht über den Frequenzbereich der einzelnen Instrumente und mögliche Komplikationen im Mix benötigt, findet hierfür spezielle Tools wie den MMultiAnalyzer oder FreqAnalyst Multi. Diese zeigen innerhalb eines Fensters alle ihnen zugeteilten Spuren und damit ob sich etwa Bass und Kick oder Gitarren und Gesang zu sehr in die Quere kommen.

Mmultianalyzer
Wo sind noch Freiräume, welche Instrumente beißen sich? MMultiAnalyzer. Bild: Melda