Allgemein betrachtet, ist ein Goniometer ein Messgerät zur Bestimmung von Winkeln, in unserem Fall den Phasenwinkeln zwischen linkem und rechtem Stereokanal. Die Anfangs wirren und scheinbar willkürlichen Schaubilder (Lissajous-Figuren) der entsprechenden Vector- und Phase-Scopes, liefern für das geschulte Auge wertvolle Informationen über Stereobreite, Monokompatibilität, Verzerrungen und andere Probleme.

Monosignale
Mono
Läuft ein einzelner Strich senkrecht durch das Sichtgerät, beträgt die Stereobreite Null und das Signal erklingt entsprechend Mono. Ein optionaler Phasenmesser (unten rechts) steht bei +1. Die akustische Abbildung findet exakt in der Phantommitte der beiden Lautsprecher statt.


Einseitig
Die verfügbare Stereobreite des Signals liegt zwischen der L- und R-Achse. Erklingt ein Signal nur auf einem Kanal, ist die Stereobreite ebenfalls null, jedoch verläuft die Strich nun diagonal, direkt auf einer der beiden Querachse. Die Korrelation beim Phasenmesser sinkt auf „0“.
Gegenphasig
Ein horizontaler Strich auf der S-Achse verkündet von zwei gegenphasigen, unkorrelierten Kanälen. In diesem Beispiel wurde schlicht der linke Kanal invertiert, es könnte aber auch eine Snare sein, die mit zwei Mikrofonen und ungünstigem Abstand, unten und oben abgenommen wird. Der Phasenmesser quittiert diese Erscheinung mit einem Korrelationsgrad von -1. Wird diese Signal mono abgehört/summiert, löscht es sich komplett aus.

Stereoabbildungen
Deutlich komplexer fällt die Anzeige bei typischen Musiksignalen aus: anstelle klarer Linien erwarten uns wilde Grafiken. Ein „gesunder“ Input bildet dabei eine aufrechte, ovale Form, die meisten Anteile befinden sich zwischen der L- und R-Achse. Der Phasenmesser pendelt zwischen etwa 0.7 und 1.

Zu viel Breite – Phasenprobleme?
Wird die Darstellung zu einer Art Kugel oder einem sehr breiten (horizontalen) Oval, befinden sich starke unkorrelierte Komponenten im Signal. In Mitte und Seite gedacht, ist der Seitenkanal übermäßig dominant. Der Phasenmesser zeigt ebenfalls mögliche Probleme durch einen negativen Korrelationsgrad. Ob das Ganz noch gut klingt oder ein technischer Fehler vorliegt, entscheidet der Einzelfall. Das Signal sollte zur Sicherheit in Mono kontrolliert werden, vermutlich bricht das Klangbild in sich zusammen. Mit etwas Glück hat sich jedoch nur ein „Phasendreher“ auf einem Kanal eingeschlichen und kann mit einem Klick repariert werden.

Zu wenig Breite – langweilige Monotonie
Dümpelt das Schaubild um die Mono/Mitten-Achse herum und möchte der Phasenmesser die +1 am liebsten nie verlassen, ist das Gehörte zwar Stereo, jedoch wurde die verfügbare Breite nicht ausgenutzt. Eventuell hilft ein kräftigeres Panning und der Einsatz von breiten Effekten des Klangbild aufzuwerten.

Schlechte Balance
Überwiegt der Signalanteil auf einem Kanal, schwenkt das Schaubild zur entsprechender Achse, der Sound sollte verstärkt aus einem Lautsprecher erschallen. Korrekturen am Pan der einzelnen Kanäle oder per Balance in der Summe könnte das Problem lindern.

Zusammenfassung

Alle Signale innerhalb der grünen Zone sind zumindest aus technischer Sicht unkritisch. Drücken wir auf Mono sind außer der fehlenden Stereobreite keine klanglichen Einbußen zu erwarten. Damit ein Song wirklich interessant wird, dürfen und müssen aber auch geringe Anteile gegenphasig auftreten. Ob gut oder schlecht entscheidet am Ende immer das Ohr und nicht das Goniometer.
Der Umgang mit dem Goniometer und die möglichen Fehler können prima durch Simulation geübt werden. Hole dir dazu das hier gezeigte (kostenlose) StereoTool von Flux und analysiere damit deine Lieblingssongs. Mit den vorhandenen Reglern kannst du anschließend Probleme im Panorama, in der Stereobreite oder phasengedrehte Kanäle nachbauen.
Gonioart
Wenn dir langweilig ist kannst Du das Goniometer auch als Zeichengerät verwenden. Eine der folgenden Darstellung bei einem normalen Musiksignal wäre hingegen eher ungünstig…

Plugins
Andere Plugins besitzen zwar nicht die hübsche Darstellung des Flux StereoTools, sind jedoch ebenso so akkurat und erfüllen ihren Zweck. Aus der Masse an kostenlosen Programmen sind folgende Kandidaten sehr empfehlenswert:
Wer die übliche Laissejous-Ansicht satt hat oder zu verwirrend findet, sollte einen Blick auf den Ozone Imager von iZoptpe werfen. Mit Polar Sample und Polar Level stehen hier zwei grafische Variationen zur Verfügung und gerade letztere sorgt gefühlt für etwas mehr Übersichtlichkeit.