Musik nicht Technik
In nur wenigen Fällen ist die Anzeige auf dem Analyzer so eindeutig, dass wir einen Equalizer oder Filter allein auf Sicht einstellen können. Um Instrumente positiv im Klang zu formen benötigen wir neben einem geschulten Ohr ebenfalls Kenntnisse über die wichtigen und interessanten Frequenzbereiche.
Der steinige und harte Weg wäre diese per Try and Error selbst heraus zu finden oder wir nehmen entsprechende Fachliteratur und Webseiten mit entsprechenden Tabellen, Charts und Tipps zur Hilfe. Aus raten und probieren wir wissen und gezieltes Anwenden.
Try and Error
Auch wenn es anfangs anstrengend ist, solltest du besser auf Sweeping verzichten und das EQing zu einem kleinen Ratequiz umzubauen. Dies Trainiert das Gehör und mit der Zeit lernst du Problemstellen ohne weitere Hilfsmittel zielgerichtet und schnell anzuspringen.
- Höre das Instrument an und merke dir was du bearbeiten möchtest
- Drehe Q und Frequenz auf die vermuteten Werte
- Aktiviere nun Gain und schaue ob sich deine Schätzung bewahrheitet
Clipping
Ein Dreh am Gain beeinflusst neben dem Klang gleichfalls den Gesamtpegel des Signals. Je nach Einstellungen wird es in Summe lauter oder leiser.
Während ein geringer Pegelverlust aus technischer Sicht eher unbedeutend ist, führt zu viel Boost bei einem bereits gut ausgesteuertem Signal zu internem Clipping, das Signal verzerrt. Starke Anhebungen sind nur mit genügend Headroom möglich.
Auf analoger Ebene im Mischpult reduzieren wir dazu den Mic/Line Gain des Vorverstärkers, oder schrauben den Input Gain des externen Equalizers nach unten. Selbiges funktioniert auch in der DAW, wobei hier eine alternative Arbeitsweise möglich ist. Dank weitläufigem internen Headroom des Sequenzers darf das Signal im Plugin durchaus übersteuern, sollte allerdings anschließend mit dem Output Gain im Equalizer zurück in geordnete Bahnen (unter 0 dBFS) gebracht werden. Idealerweise ist entspricht Pegel am Output dem Input.
Achtung Breitband
Ein bisschen Bass hier, ein ordentliches Pfund in die Mitten und ein leichter Shelf für die Höhen – das Ergebnis überzeugt, allerdings nur im ersten Moment. Genau betrachtet haben wir das Signal nicht „equalisiert“ sondern in Summe lauter gemacht und dabei zusätzliche Phasenverschiebungen hinzugefügt. Ein Fader hätte das selbe Ergebnis ohne unerwünschte Nebeneffekte erbracht.
Besonders gern passieren solche und ähnliche Fehleinstellungen an Equalizern ohne grafische Anzeige. Q als abstrakter Wert ist nur schwer fassbar und kann von Gerät zu Gerät unterschiedlich ausfallen. Manch „musikalischer“ EQ nutzt Bandbreiten von mehr als 3 Oktaven und bearbeitet damit nahezu das komplette hörbare Spektrum.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Was ein Plugin wirklich macht kannst du mit dem PluginDoktor oder einem anderen Tool herausfinden.
Lautheit
Nicht nur technisch, sondern auch psychologisch, spielen breitbandige Bearbeitungen und starke Pegelbearbeitungen eine interessante Rolle. Mit zunehmender Lautheit scheint ein Signal mehr Bässe und Höhen zu besitzen, obwohl sich messtechnisch am Verhältnis nichts verändert. Was wir hören ist somit immer eine Kombination aus realen Veränderungen und psychologischer Einbildung.
Für eine objektive Beurteilung muss das Ergebnis nach der Bearbeitung die selbe Lautheit wie vor der Bearbeitung besitzen. Eine herkömmliche Pegelangleichung (Peak dBFS) ist hierfür ein erster guter Schritt, noch besser ist eine Kontrolle und Anpassung per LUFS oder zumindest RMS.
Im folgenden Video sieht du eine unsinnige EQ Kurve, die im Prinzip das komplette Signal linear verstärkt. Die Lautheit steigt deutlich um mehrere LU und alles wirkt deutlich fetter. Würden wir die Lautheitsänderung kompensieren, klingt die Bearbeitung wie das Original.